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2011
San Francisco - Los Angeles

Die Route

Die Route ist relativ schnell erklärt. Von San Francisco nach Los Angeles führt der Highway 1 über weite Strecken der Küste entlang.
Teils spekatakulär einige hundert Meter über die Klippen, mal wieder als Freeway und un-velofahrbar etwas von der Küste zurückgezogen.
Das Wort spektakulär ist vielleicht das beste, welches man für die nördlichsten Abschnitte wählen kann. Gerade südlich von Monterey hoch nach Big Sur, nach einigen Abfahrten und Steigungen wieder runter zu den See Elefanten von Piedra Blanca ist die Gegend ziemlich wild und nicht wie man vielleicht meinen könnte überall überbaut.
Danach wechseln sich Gegenden mit ausgebauten Surfer- und Badestränden mit unberührten Gegenden ab, bis dann westlich von Malibu die Gegend beginnt, die bis weit südlich von Los Angeles mehr dem Menschen als den Tieren gehört.
Ich hatte weniger mit den Tücken der Landschaft zu kämpfen als mit den Tücken der State Parks: teilweise hatten diese die günstigen Hiker/Biker-Plätze abgeschafft, und teilweise waren die Camps ganz geschlossen. Aber zum Schluss ging die Planung auf: nicht nur, dass ich zum anvisierten Zeitpunkt in LA war, sondern auch, dass ich mir die doch irgendwie magische Marke von 10'000 Kilometern kurz vor Ankunft auch noch schnappen konnte.




Mittwoch, 07.12.2011 - Start zur 8. Etappe: es geht heimwärts

Ja, richtig gelesen. Seit einiger Zeit schon hat sich in meinem Gefühl niedergelassen, dass die abschliessende Etappe von San Francisco nach Los Angeles irgendwie die nach-Hause-Fahrt ist. Wieso? Habe selber keine Ahnung :-) Vielleicht deswegen, weil so viele Leute unterwegs gemeint haben, dass dies eine wunderschöne Strecke sei, ich mir das Beste zum Schluss aufbewahrt hätte (das stimmt nicht, das Beste war gleich zu Beginn!). und und und, bla bla bla...
Was es auf jeden Fall nicht ist - trotz unmittelbarer Nähe zum Pazifik - es ist nicht flach! Im Gegenteil, es ist ganz schön wellig. Mal ist man auf Meereshöhe, dann gehts mal kurz 100 Höhenmeter rauf, nur um gleich danach wieder eine Abfahrt runter zum Meer vor mir zu haben, und dann geht das Spielchen von neuem los. Aber he, genau das geniesse ich! Ich habe für diese achte Etappe mehr als genug Zeit, und ich habe höchstens ein Mal mehr als 100 km in eine Tagesetappe eingeplant.
Aber nochmal zurück zu diesem 'Nach-Hause-Fahren': viele Tourenfahrer reden in ihren Berichten, dass der Weg nach Hause eine ganz besondere Strecke ist. Doch wo beginnt sie, die Heimfahrt? Und was ist mit denen, die irgendwo enden und dann mit dem Flieger nach Hause zurückkehren? Es gibt scheinbar welche, die kommen mit dem Flieger an und fahren dann noch einige hundert Kilometer in der Schweiz umher, bevor sie wirklich nach Hause gehen... :-)
Es ist wohl meine nicht-kognitive Antwort auf diese Fragen, dass ich eben diese letzten paar hundert Kilometer als mein Heimfahren betrachte. San Francisco war mir zum Besuchen und dort verweilen auch viel wichtiger als Los Angeles. Darum: heimfahren und geniessen.
Der Tag beginnt mit einem zehn km langen Ritt durch San Francisco. Ich habe gestern noch etwas ausgekundschaftet, welche Strassen nicht gleich 45° nach oben gehen. Dies hat heute einiges geholfen. Nach diesen 10 km bin ich an der Pazifikküste, aber noch nicht auf dem Hwy 1, der mich nach Süden bringt. Erst gehts mit recht viel Verkehr auf sonst einer Strasse der Küste entlang. Manchmal fluche ich über die schlechte Strasse, manchmal nehm ich mir ganz einfach ein paar Minuten Zeit um aufs Wasser rauszuschauen und den zahlreichen Surfern bei ihren Wellenreit-Versuchen zuzusehen.
Kurz nachdem sich der Hwy 1 von der anderen grossen Strasse gelöst hat und als 'Bike-Route' auch angeschrieben ist, wird er geradezu kriminell gefährlich: Teilweise hat es zwar eine drei Meter breite Shoulder, dann aber - meist in den unübersichtlichsten Kurven - wieder gar keine. Dann hat es eine Baustelle, bei der zwar steht, dass man nicht mehr als 25 mph (40km/h) fahren sollte, aber die Autos fräsen mit 80 an einem vorbei...
Anyway, irgendwann mal hat sich dies beruhigt und es geht vorwärts. Also: auf- und abwärts vor allem. Vorbei an schönen und wenig besuchten Stränden, hie und da einem Leuchtturm, und schon fast selten an einer Ortschaft.
Ich habe mich am KOA von Pescadero für mein Nachtlager orientiert, aber wenige Kilometer zuvor komme ich am Leuchtturm von Pigeon Point vorbei. Dieser hat ein HI-Hostel gleich nebenan, und so werfe ich meine KOA-Pläne kurzspitz über den Haufen und bleibe im Hostel.
Btw: die meisten Küsten-Fotos sind in nördlicher Richtung fotografiert. Der Grund ist einfach: gegen Süden hatte ich praktisch immer die Sonne vor der Linse, das kommt nicht so gut.

Tag 160: Distanz: 89.59 km - Fahrzeit: 5h45 - Höhenmeter: 1042 - Wetter: schön, 18°C

Start Richtung SüdenPazifik KüsteSonnenuntergang beim Pigeon Pint Leuchtturm
















Donnerstag, 08.12.2011 - Wiedersehen mit Dror und seiner Familie

Fahre der Küste entlang nach Süden. Erst durchs Käffchen Davenport und später in die ersten Häuser von Santa Cruz.
Ich bin seit ner Weile am überlegen, ob ich hier Dror anrufen solle. Er ist derjenige, dessen Familie ich beim Campen in Pinnacles getroffen habe. Schlussendlich mache ich dies, und nach einer eher mühsamen Fahrt durch ganz Santa Cruz treffe ich ihn beim Arbeiten im Garten. Erst helfe ich ihm dabei ein bisschen, später gibts Tee und dann ein feines Nachtessen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie mich bereits in ihrem Camper einquartiert.
Dror offerierte mir, dass ich heute Abend ja mitkommen könne zu seiner Drum-Lektion. Mit Drum meinte er das Instrument 'Doumbak', das er neben anderen Instrumenten gelegentlich unterrichtet und früher in seinem Shop auch verkauft hat. Hab mich in dieser Gruppenlektion glaubs nicht so schlecht geschlagen.

Tag 161: Distanz: 53.94 km - Fahrzeit: 3h25 - Höhenmeter: 432 - Wetter: schön, 20°C

Im Garten des HostelsLeuchtturm von SüdenSeelöwen in Moss Landing
















Freitag, 09.12.2011 - Kak Öffnungszeiten

Dror gibt mir den Tip, in Monterey zu stoppen und dort das Aquarium zu besuchen. Weil Big Sur von Santa Cruz recht weit weg ist, ist mir das ziemlich recht. Die Strecke geht heute nicht immer der Küste entlang, sondern macht auch mal nen Schlenker auf die andere Seite des Freeways.
Teilweise auch will mich das GPS völlig in die Pampa rausmanöverieren, doch zum Glück gibts da einen gut beschilderten Bike Path.
In Moss Landing komme ich an einem Schiffsteg vorbei, der komplett von Seelöwen besetzt ist. Die hatten es scheinbar recht lustig, denn ständig hat einer nen anderen ins Wasser geschubst, worauf dieser einige Meter weiter wieder aus dem Wasser geklettert/gesprungen ist um sich mitten in und auf anderen Tieren wieder dem Sonnenbaden zu widmen. Dazu ist deren Geräuschkulisse Charts-verdächtig!
Um 15:10 bin ich in Monterey vor dem HI Hostel. Doch dieses macht erst um 16:00 auf. Grrrmpf! Plan wäre es gewesen, heute noch das Aquarium zu besuchen, um dann morgen bald wieder los zu können. Doch dieser Plan fiel ins Wassser, weil neben der späten Öffnungszeit des Hostels das Aquarim bereits um 17:00 schliesst. Und noch doofer, am nächsten Morgen erst um 10:00 wieder öffnet. Das heisst, ich komme morgen nicht vor 12 Uhr auf den Sattel.

Tag 162: Distanz: 74.76 km - Fahrzeit: 4h35 - Höhenmeter: 592 - Wetter: schön, 18°C

Am Strassenrand gefundenPazifik Küste
















Samstag, 10.12.2011 - Stress

Das Aquarium ist beeindruckend! Wenn man bedenkt, dass das Aquarium vom irgend einem etwas reicheren Typ seiner Angebeteten zum Geburtstag geschenkt wurde, dann sieht man, was Geld alles anstellen kann...
Ich bin zwar von der Wasserwelt nicht ganz soooo fasziniert wie andere das sind, aber das eine oder andere Seegetier von nahem zu sehen waren die 30$ Eintritt wert.
Etwas wenig habe ich daraus gemacht wenn man bedenkt, dass ich bereits 2h später wieder draussen war. Der Göppel rief, und das nicht zu leise. Denn bis Big Sur, meinem heutigen Ziel sinds trotz allem noch 60 km und ich hab gehört es ginge ziemlich bergauf... Gerade mal um 12:45 verlasse ich Monterey und bin praktisch von der ersten Minute an diesem Stress ausgesetzt, den ich gar nicht mag: zu wissen, dass ich so und so weit fahren muss, aber nur noch so und so lange Tageslicht zur Verfügung habe.
Tatsächlich erreiche ich Big Sur noch vor Sonnenuntergang und denke schon, dass ich das trotzdem gut eingeteilt habe, doch ich habe die Rechnung ohne den Wirt, bzw die Tücken der Landschaft gemacht. Der Campground in Big Sur ist nämlich nirgends angeschrieben. Weil ich dies aber erwartete fahre ich weiter und weiter - den angesprochenen Berg immer höher hinauf. Erst fast ganz oben sagt mir einer, dass der Campground dort war wo auch die Lodge war... 3 km vergebens den Berg hoch gefahren! Läck, ich war innerlich am kochen!
Als ich dan tatsächlich den Campground erreichte wars bereits stockdunkel und ich ziemlich sauer.
Auf den Hiker/Biker-Plätzen, die den nicht benötigten Komfort nicht bieten, dafür nur 5$ kosten waren neben mir nur noch Todd und Greg, zwei Mitt-zwanziger, die per Velo auf dem Weg zu ihren Verwandten weiter südlich sind.
Zusammen bequatschen wir das eine oder andere Erlebnis, und einmal mehr habe ich das Gefühl, zwei Weitere mit einem Velo-Virus infiziert zu haben.

Tag 163: Distanz: 67.10 km - Fahrzeit: 4h05 - Höhenmeter: 987 - Wetter: erst schön, später bewölkt, 17°C

Leopard HaiQuallenSardinenschwarm















SeepferdEs geht hoch nach Big SurWilde Küste zum Zweiten
















Sonntag, 11.12.2011 - Double Bind zum ersten...

Das Frühstück essen wir zusammen. Das heisst, Todd und ich. Greg ist immer noch am pennen. Weiss definitiv nicht, wie das geht: denn gestern sind wir vielleicht gegen 21 Uhr ins Bett, und um 3 Uhr wusste ich nicht mehr, wie ich die restlichen 4 Stunden totschlagen sollte. Anyway, um 9:30 war ich parat zur Abfahrt. Meine Idee heute ist, nach San Simeon zu fahren. Dies sind 73 Meilen, etwa 120 km. In diesem hügeligen Terrain ist dies aber weiss Gott kein einfaches Unternehmen, und weil nach Gorda ein ganz anständiger Hügel auf uns wartet mache ich mit mir so ein Double Bind Plan ab: bin ich um 12:00 in Pacific Valley, fahre ich die restlichen 60 km nach San Simeon weiter. Sonst halte ich im dortigen Campground, wenn nötig halt ziemlich früh.
Nun, bereits um 11 Uhr war klar, dass ich Pacific Valley nie und nimmer um 12 Uhr werde erreichen können. Die Gegend ist schlicht zu hügelig. So nehm ich's gemütlich und bin so etwa um 14:00 in diesem Campground, wo ich diesmal definitiv genügend Tageslicht habe. Kurz vor 4 Uhr ist auch Todd dort, und zusammen lassen wir es Abend werden. Dusche hats dort keine. Schade, aber irgendwie auch egal. In den letzten Minuten vor der Ankunft hat es dann tatsächlich auch zu regnen begonnen. Der Wetterbericht hat für Sonntag und Montag auch etwas Regen angesagt gehabt, und auch die Wolken während des Tages verhiessen nichts Gutes.
In der Nacht hats dann auch einige Male etwas weitergeregnet, aber dies war nicht mehr als Nieselregen. Wenn's morgen nicht heftiger regnet macht das so gut wie gar nichts.

Tag 164: Distanz: 55.45 km - Fahrzeit: 3h45 - Höhenmeter: 908 - Wetter: bewölkt, gegen Abend Regen, 14°C

Hwy 1 über den KlippenWilde KüsteAll mein Zeugs
















Montag, 12.12.2011 - Double Bind zum zweiten

Auch für heute habe ich so einen Double Bind Plan. Btw: das mit dem Double Bind habe ich von den Neurologen gelernt, die Peter Hürzeler und meine Diplomarbeit im Tech in Auftrag gegeben haben. Das heisst nichts anderes wie: funktioniert eine erste Behandlungsmethode nicht, tuts vielleicht eine Zweite. Etwas salopp, ich weiss, aber die Sache trotzdem ziemlich exakt beschreibend.
Bin ich heute um 14:00 in Cambria fahre ich nach Morro Bay weiter, bin ich es nicht, bleibe ich dort.
Todd startete ein wenig später, aber bei meinem Halt nach 6 km in Gorda schliesst er zu mir auf. Dort treffen wir auch auf Ted, einen Kanadier, der im Oktober 400 km nördlich von Vancouver aus für seine Reise gestartet ist. Ted und Todd fahren von hier gemeinsam weiter. Ich habe mich etwas vor ihnen auf den Weg gemacht uns sehe sie heute nicht mehr.
War ich gestern noch am Terrain (oder an meinen Ansprüchen) gescheitert, war es heute anders. Es hat - weiss nicht, vielleicht seit dem 22. September - wieder so richtig runtergeregnet, und in den Hügeln der Küste entlang war ich bald von innen und von aussen nass.
Ich wäre um 14:00 in Cambria gewesen, aber diesmal blieb ich dort, weil ich ein geheiztes Hostel (wieder ein HI Hostel) heute einem ungeheizten Zelt den Vorzug gab. Leider öffnete dieses Hostel sogar erst um 17:00, und so musste ich mal wieder 3 Stunden totschlagen. Doch Cambria ist ein schönes Käffchen, und habe mich mit einer Runde darin, einem Bier im Pub und einem Ausflug zum Strand beschäftigt.
Im Hostel liefs dann richtig rund: der Hostel-Onkel war ein Gitarren-Narr (der aber nur etwa 5 Akkorde konnte), aber einer der Gäste (aus Italien) ein ziemlich begnadeter Gitarrero. Was erst mit einer Jam-Session zu zweit begann endete in einem Solo-Konzert des Italieners - cool!
Daneben sind bereits nach Einbruch der Dunkelheit zwei US-Girls eingetroffen, die ebenfalls mit dem Velo unterwegs sind. Morgen dazu mehr.

Tag 165: Distanz: 80.97 km - Fahrzeit: 5h25 - Höhenmeter: 886 - Wetter: Regen, 10-12°C

Altes Fischerboot in GordaSeeelefanten in Piedra BlancaAbendstimmung in Cambria
















Dienstag, 13.12.2011 - Wieder schön

Die beiden Girls gestern Abend stammen aus NY, bzw NJ und sind ebenfalls zusammen in Alaska gestartet. Nach einem Trip nach Kenai sind sie über Tok und Whitehorse nach Skagway gefahren, von wo sie die Fähre nach Bellingham nahmen. seither sind sie der Küste entlang unterwegs gegen Süden. Dazu sammeln sie auf www.anothermileanotherstarfish.com Geld für einen Ausbildungsfonds. Sie sind vielleicht etwas langsamer unterwegs als ich, aber dennoch alle Achtung vor der Leistung.
Weil sie etwas früher losfahren und ich zudem im Shop noch etwas einkaufen gehe, haben sie etwas Vorsprung. Nach gut 20 km habe ich sie aber eingeholt, und die nächsten 35 km radeln wir gemeinsam gemütlich durch die Landschaft, wieder bei bestem Wetter heute. Kurz vor San Luis Obispo zweigen sie nach Nordosten ab, während ich nach Südosten weiterfahre.
Keine 2 km später, ich warte gerade vor einer roten Ampel, fährt Ted (von gestern) an mich heran. Er hat heute noch den Mech aufsuchen müssen, sein Gepäckträger hatte sich gestern verabschiedet. Todd sei vor uns und werde am Pismo Beach State Park übernachten. Das ist heute auch mein Ziel! Die Welt ist auf zwei Rädern einfach wirklich klein! Zusammen fahren wir nach Pismo Beach, wo Ted im Motel übernachtet. Ich gehe Todd suchen, finde ihn aber nirgends. Erst ists mir egal, dann aber, als ich sehe, dass der Campground wegen einigen Lölis die Hiker/Biker-Plätze abgeschafft haben und ich nun auch 25$ löhnen müsste wäre mir recht, den Obulus teilen zu können.
Allerdings bringt das Abklappern von 3 Campgrounds nix und so quartiere ich mich alleine auf einem der Plätze ein - und bezahle halt die 25$.

Tag 166: Distanz: 94.81 km - Fahrzeit: 5h20 - Höhenmeter: 564 - Wetter: wieder schön, 18-20°C

Steff und JessyHunderte von Monarch-Schmetterlingen an der Pismo Beach
















Mittwoch, 14.12.2011 - Last Century-Ride

Meine ursprüngliche Planung hatte so ausgesehen, dass ich irgendwann mal in Morro Bay Halt machen würde. Von dort wäre der Weg zum nächsten Campground an der Küste gleich westlich von Santa Barbara zwar etwas zu weit für eine Tagesetappe, aber mit einer Übernachtung in Santa Maria liesse sich diese Distanz in etwa halbieren.
Weil ich aber nicht in Morro Bay sondern schon weiter südlich in Pismo Beach bin versuch ich, doch in einem Tag da durchzukommen - es wird ein ü100-km-Tag (Century), wohl der 31. und letzte auf meiner Tour.
Ich komme nicht ganz so früh auf den Sattel wie gewünscht. Das Zelt war wieder zu nass und der Himmel zu blau um die Sache nicht trocknen zu lassen.
Meine Route führt mich heute praktisch nie der Küste entlang. Erst am Schluss wenn ich in Gaviota ankomme ist der Pazifik wieder da. So häufen sich die Kilometer durch Landwirtschaftsgegend, durch Ölbohrfelder und entlang einer Air Force Base, aus der lautes Drill-Geschreie gefolgt von Gewehrgeknatter zu hören war. Doch da war ich erst vor Lompoc und zur Küste fehlten noch über 30 km. Diese führten dann durch attraktives, hügeliges Gelände, und zum Dessert gabs eine zackige Abfahrt zurück zur Küste.
Doch dort der mentale Tiefschlag: "Campground Closed". Gopf! Können die das nicht irgendwo anschreiben? In den anderen Campgrounds, aufm Internet? Alles Lölis! Die einzige Option: auf die bereits 110 km nochmals gut 15 drauflegen und zum Refugio State Beach fahren. Der Seich dabei: die Sonne geht in einer guten halben Stunde unter und der einzige mögliche Weg führt über den Freeway.
Einmal mehr: an den Strassenrand sitzen und brüele bringts nicht. Aufsitzen und pedalen dafür schon. Und wieder einmal mehr: es geht gerade auf. Auf den letzten Metern auf dem Freeway war die Sonne noch da, als ich bei den Hiker/Biker-Plätzen ankomme ist sie bereits im Ozean versunken und Nachtessen gibts wie so oft zum Schein meiner Stirnlampe. Aber das Wichtigste: der 31. Century-Ride bringt mich vier Tagesetappen an Los Angeles heran. Am Sonntag bin ich dort.

Tag 167: Distanz: 125.22 km - Fahrzeit: 6h30 - Höhenmeter: 1244 - Wetter: schön, teils leicht bewölkt. 20°C

Das glaub ich irgendwie nicht...Sonnenuntergang über dem FreewayRefugio Sunset
















Donnerstag, 15.12.2011 - Zickzack um Santa Barbara

Würde ich auf dem Freeway fahren, wären da nur noch gut 200 km zu absolvieren. Ich nehme aber, wo immer möglich, die Radwege und das macht die Distanz etwas länger. Dies trifft im speziellen auf heute zu, wo die Radwege irgendwie um die Flug- und Schiffshäfen von Goleta und Santa Barbara herumführen müssen. Viele Höhenmeter stehen nicht an, darum: geniesse die Fahrt durch diese schöne Gegend. Auf der ganzen Reise habe ich so oft Leute getroffen, die gesagt haben sie seien aus Santa Barbara und der Ort sein superschön - hat was. Und wahrscheinlich haben die Leute dort auch genügend Kohle um in Scharen auf Reisen zu gehen :-)
Es hat definitiv Wohngegenden dort, die den besser betuchten vorbehalten sind. Etwas weiter östlich von Santa Barbara liegt der Ort Carpinteria. Die nächste State Beach mit Campground und ich hoffe natürlich, dass die auch offen ist. Ist sie - aber ich bin schon um 15:00 dort und ich kann erst um 16:00 einchecken... total hirnverbrannt, aber diese Regeln überraschen mich langsam nicht mehr. Immerhin lassen sie mich schon mal duschen.
Kaum habe ich dann nach dem Einchecken mein Zelt aufgestellt, treffen drei weitere Radler ein. Einer davon ist Todd, der sich den beiden anderen irgendwo unterwegs angeschlossen hat. Todd hat die letzten drei Nächte alle mit Ted in Motels verbracht, auch diejenige wo ich ihn in Pismo Beach in einem der Campgrounds gesucht hatte.
Die beiden anderen sind in Big Sur gestartet, und das muss am selben Tag gewesen sein, wie wir dort abgefahren sind, einfach etwas später. Für alle drei ist die Reise aber mit dem heutigen Tag vorbei. Sie nehmen morgen früh den Zug, um nach Los Angeles bzw. San Diego zu kommen.
Ich bin in erster Linie froh um Gesellschaft, denn ohne klettere ich bereits um 19:00 ins Zelt und die Nächte sind dann einfach etwas zu lang.

Tag 168: Distanz: 77.18 km - Fahrzeit: 4h50 - Höhenmeter: 614 - Wetter: bewölkt, 14°C

Refugio SunriseSchlafen unter PalmenDiese Pflanzen könnten Viagra gebraauchen...
















Freitag, 16.12.2011 - Ausflug in die Berge

Mein nächstes Ziel ist der Campground beim McGrath State Beach. Der ist gerade mal 30 km weit entfernt, und wenn die dort wieder so eine nicht-vor-16-Uhr-eincheck-Policy haben muss ich eine ganz ordentliche Menge Zeit totschlagen.
Weil auf der Karte eine Strasse nach Nordosten als Scenic Byway gekennzeichnet ist nehm ich kurzerhand diesen und mache eine schöne Ausfahrt in die Berge. Mein Timing geht ordentlich gut auf, denn kurz nach 16:00 stehe ich beim Eingang zum genannten Campground - und kriege einen hochroten Kopf! CAMPGROUND CLOSED! Schi....äck!!!! Und diesmal ist kein weiterer Zeltplatz in machbarer Distanz. Ziemlich grantig fahre ich irgendwo in eine Richtung und checke beim erstbesten Motel ein. Hätte nicht sein müssen.
Mit den heutigen 82 Kilometern bin ich bei 9882 angelangt. Es fehlen noch schlappe 118 km bis zur Marke von 10'000...

Tag 169: Distanz: 82.09 km - Fahrzeit: 4h35 - Höhenmeter: 732 - Wetter: wolkenlos schön, 22°C

der Hafen von Port HuenemePort Hueneme
















Samstag, 17.12.2011 - nicht so gut geplant

Wegen der gestrigen, unfreiwilligen Verlängerung wird der heutige Tag gemäss Planung auch zu einem 30 km kurzen Vergnügen. Doch auch hier finde ich eine Scenic Route durch das Hinterland anstatt der Küste entlang zu radeln: über Thousand Oaks gehts heute zur Leo Carrillo Beach.
Doch: hätte ich gewusst (oder abgecheckt), dass es so derb hoch geht  (17%-Steigungen, und das gleich mehrere), ich hätte darauf verzichtet. Nach einem Aufstieg von Meereshöhe auf über 550 Meter durfte ich diese Höhe aber auch wieder vernichten, Juhui! Und als diese Höhe vernichtet war war auch - hoffentlich zum letzten Mal - die Luft im Hinterrad alle. Musste also tatsächlich 3 km vor dem Tagesziel noch einen Reifen flicken, und dies ohne einen helfenden Kübel Wasser. Auf ein 'Pfffffft' aus dem Reifen zu hoffen war beinahe ein hoffnungsloses Unternehmen, die Strasse (Hwy 1) gleich nebenan war zu stark befahren und so zu laut. Grummel! Doch mit dem einen Kniff aus dem Bidon klappte es dann doch noch mit Loch finden.
Die einzige bange Frage war nun: ist der Campground auch wirklich offen? Ja, er ist es! Hat Hiker/Biker-Plätze und zusammen mit einem Pärchen und einer Einzel-Hikerin (alle aus Kanada) verbringe ich meinen letzten Abend 'auf der Strasse', bei Lagerfeuer, gemütlicher Atmosphäre und vielen ausgetauschten Erlebnissen. Nur gestört von einem 20minütigen Regenguss.

Tag 170: Distanz: 58.49 km - Fahrzeit: 4h10 - Höhenmeter: 934 - Wetter: war auch schon besser, 14°C, zu Beginn stark gegenwidig

Fast schon daMeine letzte ZeltstätteHöhle am Leo-Carrillo-Beach
















Sonntag, 18.12.2011 - Der letzte Tag!

Es fehlen noch knapp 60 km zur Marke von 10'000 Kilometern, und diese erreiche ich praktisch aufs Loch bis nach Los Angeles, bzw nach Santa Monica. Die Fahrt ist gemütlich und ich fühle mich zeitweise wie auf der Schlussetappe der Tour de France: keil allzu hohes Tempo und das gute Gefühl im Bauch, 'es geschafft zu haben'.
Um 14:52 bin ich im HI Hostel in Santa Monica. 14:52 Pacific Time ist 13:52 Alaska Time - genau die selbe Zeit wie ich in Prudhoe Bay am 1. Juli losgefahren bin :-)
Am Schluss stehen 10'001 km und 88'801 HM auf dem Zähler. Morgen mache ich noch eine Ehrenrunde über Sunset Boulevard, Beverly Hills und die Hollywood Boulevard. Da kommen wohl noch einige dazu.

Tag 171: Distanz: 60.76 km - Fahrzeit: 3h45 - Höhenmeter: 344 - Wetter: schön, 20°C

Vor dem letzten Tag unterwegsNow I'm there...Yahooo, 10'000 km
















Montag, 19.12.2011 - Ehrenrunde

Vom Hostel aus fahre ich - ohne Gepäck - einige Kilometer wieder nach Norden, um dann auf den Sunset Boulevard einzubiegen. Dieser Boulevard beginnt sofort, sich in die Höhe zu winden, und je höher man kommt desto mehr sieht man den Häusern an, dass da Leute mit Kohle wohnen. Ich habe mir vor der Abfahrt noch eine 'Stars Map' erstanden. Diese Strassenkarte sagt mir doch tatsächlich, an welcher Strasse welcher Schauspieler, Musiker, Regisseur, Produzent oder was für ein Cervelat-Promi auch immer wohnt.
Die meisten Namen auf der Liste hab ich immerhin schon mal gehört, aber die allermeisten interessieren mich keinen Deut. Ich mache zwei, drei kleine Umwege und weiss nun, wo Tom Hanks wohnt, wo sie Marilyn Monroe nicht mehr so lebendig gefunden haben und wo Hugh Hefner die Gründe für sein Dauergrinsen beherbergt. Aber das wars dann schon auch - und das war nicht mal besonders spannend, denn die Häuser mit den grössten Hecken davor sind normalerweise die, die auf dieser Karte mit einem Sternchen und einer Nummer (Tom Hanks #94) versehen sind.
Den Walk of Fame zu verpassen ist fast unmöglich, und auf dem Weg hin und zurück treffe ich auf manch bekannten Namen - aber auch auf hunderte, die ich noch nie gehört habe. Einige die ich mag habe ich fotografiert, die meisten aber auf der Strasse liegen gelassen.
Auf dem Rückweg finde ich ein Staples Center, das die nötige Bubble-Wrap-Folie hat, um meinen Göppel etwas zu schonen, wenn er wieder in seinen Karton muss. Erste Anzeichen von Rückkehr-Vorbereitungen machen sich alsobemerkbar.
Nun, ich musste auf der ganzen Ehrenrunde feststellen, dass LA etwas grösser ist als unsere durchschnittlichen schweizer Städtchen. Und so überrascht es mich nicht im geringsten, dass diese Ehrenrunde auch wieder knappe 70 km weit gegangen ist. Ich habe definitiv die Relationen zu den Distanzen verloren.

Tag 172: Distanz: 68.73 km - Fahrzeit: 4h36 - Höhenmeter: 674 - Wetter: bewölkt, 14°C

Walk of Fame: Apollo 11Walk of Fame: Antonio BanderasAm Ziel















Etappendaten:
Distanz: 989.48km
Fahrzeit: 60h56
Höhenmeter: 9'953
Durchschnittssgeschwindigkeit: 16.2 km/h
Max. Geschwindigkeit: 65.7 km/h


Ja... und plötzlich bin ich am Ende angelangt.
Meine Schwester hat mich in der Zwischenzeit angefragt, ob es nicht komisch sei, plötzlich angekommen zu sein. Gute Frage!
Nein, ist es nicht. Weil ich immer gewusst habe, dass in LA Schluss ist und dass am 22. Dezember mein Flieger zurück fliegt kann ich hier vom Göppel steigen und sagen: 'Hierher hab ich gewollt, hierher bin ich gekommen - es stimmt so!'
Ich blicke zurück auf 172 Tage unterwegs, davon 117 im Sattel. Über 10'000 km sind zusammengekommen, zusammen mit fast 90'000 Höhenmetern. Dies sind beides höhere Zahlen, als ich erwartet hatte.
Es gab Streckenabschnitte, die hatte ich strenger erwartet, aber es gibt auch solche, vor denen ich im Nachhinein viel mehr Respekt habe und ich teilweise sogar denke: "Mensch, Spinnsiech!"
Aber aus genau diesen Situationen, gepaart mit weiteren Begegnungen mit Mensch, Tier und Natur lebt diese Reise. Ich brauche wohl einige Wochen, um all das Erlebte in seiner Gesamtheit begreifen. Aber eines kann ich jetzt schon sagen: trotz teils müder Beine und schmerzenden Hinterteilen und Schultern, es war die beste Reise, die ich je unternommen habe.


Für die Zahlenmenschen unter euch einge Zahlen zur gesamten Tour:

Totale Distanz: 10'070.46 km
Totale Höhenmeter: 89'475 m
Totale Fahrzeit: 618 Stunden 30 Minuten (Göppel in Bewegung)

Anzahl Platten: 6 (einer pro 1000 Meilen)
Anzahl Speichenbrüche: 9
Anzahl Felgenbrüche: 1
Anzahl Stürze, Unfälle: 0

Anzahl Tage Prudhoe - Los Angeles: 172
Anzahl Tage in Bewegung: 117
Anzahl Nächte im Zelt: 110 (inkl. Vancouver Island)
Nächte in Cabins/Hostel/Motel: 51
Nächte bei Leuten: 7
Nächte in Wohnwagen: 2
Nächte auf dem Schiff: 2

Und weil mir unterwegs mal nix Besseres in den Sinn kam:
Anzahl Pedalumdrehungen im 1. Gang für einen Kilometer: 620
Anzahl Pedalumdrehungen im 14. Gang für einen Kilometer: 127
:-)

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